KM 3998 | Nach mehreren Tagen Gegenwind erreiche ich die Wolga bei Saratov. Der erste Blick auf diesen größten Fluss Europas von einem Hügel aus ist atemberaubend. Saratov bildet zusammen mit der Stadt Engels auf der anderen Wolgaseite eine Millionenstadt. Engels war bis 1941 die Hauptstadt der Wolgadeutschen autonomen Republik. Die Brücke ist 3 Kilometer lang. Außerdem ist man hier bis heute stolz, dass Juri Gagarin mit seiner Raumkapsel in der Nähe von Saratov landete.
Es gibt eine Straßenbahn und ich wundere mich, dass die Wagen ohne zu entgleisen über diesen Schienenstoß fahren können, aber es funktioniert, ich habe es selbst gesehen.
Saratov hat eine schöne Altstadt und der Kirovski-Prospekt unterscheidet sich nicht viel von einer gewohnten Einkaufsstraße bei uns. Der Kirovski-Prospekt hieß früher “Uliza Nemezkaja”, also übersetzt “deutsche Straße”. Es gibt von Burger-King bis Adidas-Shop alle möglichen Waren, aber dazwischen immer wieder kleiner Läden die Lebensmittel verkaufen oder Telefone reparieren.
Die Tage zuvor führten mich über eine wenig befahrene Straße durch die immer karger werdende Landschaft. trotzdem gibt es einige schöne Flüsschen und die wenigen Blumen fangen an zu blühen.
Durch die schlechten Straßen gibt es -so vermute ich- einen sehr hohen Verschleiß an Autoreifen, anders kann ich mir nicht erklären, dass alle paar Dörfer eine Werkstatt mit “Schinomontasch”, also Reifenmontage gibt. Viele alte Reifen liegen neben der Straße, teilweise auch weil sie unterwegs geplatzt sind. Eine andere Lösungsmöglichkeit nach dem Motto “Einfälle statt Abfälle” zeigt dass nächste Bild.
Nach 5 Tagen Camping gehe ich in ein kleines Cafe am Straßenrand und trinke dort einen Kaffe. Wie sich herausstellt hat das Cafe ein kleines Hotel. Es gibt ein Einzelzimmer mit Fernseher und ein Mehrbettzimmer für 500 Rubel die Nacht, also weniger als 10 Euro. Ich überlege nicht lange und bleibe dort eine Nacht. Der Angestellte Sergey erzählt mir begeistert, dass vor einem Jahr ebenfalls in diesem Hotel ein Deutscher mit langem Bart und Motorrad übernachtet hätte. Nach ihm bin ich aber erst der zweite Ausländer, den er hier im Hotel beherbergt. Ich bin für die Nacht der einzige Gast und so habe ich sogar das Mehrbettzimmer für mich alleine. Viel Schlaf bekomme ich nicht, da das direkt nebenan eine Disco ist und bis morgends um 4 die Musik dröhnt. Trotzdem ist es gut, eine warme Dusche zu haben und etwas Zeit um auszuruhen und die Kamera an der Steckdose aufzuladen.
Die Köchin Mascha läd mich abends sogar noch zu einem Tee und Konfekt ein und schenkt mir einen Kühlschrankmagnet. Kühlschrankmagnete sind hier ein sehr beliebtes Mitbringsel, alle Kühlschränke die ich bisher gesehen habe sind voll davon. Das Motiv ist eine Brunnenfontäne und somit die Hauptattraktion des Örtchens Ptischevo, leider haben die kleinen Städte meist keine anderen Attraktionen. Mit meinen wenigen Russischkenntnissen und viel gestikulieren kann ich mich trotzdem ein bisschen mit Ihr unterhalten.
Die nächsten Fotos zeigen eine kleine Zusammenstellung von russischen Straßenbelägen die ich jeweils mit einem Kommentar versehen habe:
Modell “Nebenstraße”: Nebenstraße deshalb, weil der Belag so schlecht ist dass alle Autos und ich natürlich auch neben der Straße fahren, wo sich schon ein breiter Fahrweg gebildet hat.
Modell “Nebeneinander gelegte Stahlbetonplatten”: Ist nur im Schrittempo befahrbar.
Modell “Schotter”: Nur mit herabgesetztem Reifendruck befahrbar.
Modell “Trockener Lehmweg”: Ist äußerst holprig, und nach Regentagen für mich fast unbefahrbar.
Modell “Sand”: An einigen Stellen mit losem Sand sehr kraftraubend. Außerdem setzt sich der Sand in der Kette ab.
Modell “Traumstraße”: Ja, die gibt es auch, meistens bleibt es jedoch ein Traum.
Lieber Heinrich, fast 4000 km – meine Güte!!! Und das bei diesen Straßen oder Wegen!
Also wir haben auch Saratov samt dem Verlauf der Wolga noch auf unseren Karten gefunden. Wie weit wirst Du denn noch reisen? Und wie und wann gehts zurück?
Danke auch für Deinen Kommentar von gestern. Wir wünschen Dir weiterhin eine behütete Reise, alles Gute, bessere Straßen und ordentliches Wetter. Viele Grüße, Hannelore und Hans
Hallo Heinrich, weiter so. Hört sich gut an. Viel Spaß weiterhin. Gutes weiterhin durchkommen. LG Jochen
Hi Heinrich!
Vielen Dank erstmal für deine genialen Fotos! Finde es so schön,an deiner Reise teilzuhaben, wenn ich schon zu Hause fest sitze… Und dann auch noch ohne die Widrigkeiten, mit denen du zu kämpfen hast!
Andererseits ist das Leben hier auch ein ewiger Kampf und ich beneide dich schon etwas um deine Freiheit.
Eine russische Arbeitskollegin hat auch schon von dir gehört und ich war stolz, dass ich dich persönlich kennen darf.
Also weiterhin gute Fahrt mit schönem Wetter und besseren Straßen!
Gglg Angela